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Ein Alltagsbrot, das aufwühlt!

80/20er Roggenmischbrot mit zwei unbekannten, aber wesentlichen Tricks für einen Genuss der sich einbrennt. Roggen ist stark unterbewertet. Gegen diesen Trend zeigen wir hier, wie ein köstliches, wohlsättigendes Roggenmischbrot entsteht.

Am Roggen wurde im Laufe der Jahrzehnte viel Missbrauch getrieben- dementsprechend gering wird mittlerweile sein Wert geschätzt. Dabei ist es ein echtes Feinkost-Getreide, wenn es sachkundig behandelt wird. Minimal-Standard ist ein guter, aromatischer Roggensauerteig. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass ein Roggensauer-getriebenes Roggen(misch)brot deutlich komplexer und harmonischer schmeckt, als ein mit Weizensauer-getriebenes. Für die Vergleichbarkeit gehen wir von sorgfältig gepflegten Kulturen aus.

Der Verzicht auf Bäckerhefe wirkt sich vor allem ab Tag 2 nach dem Backen aus. Der durch die Brotreife (Tag 2 bis Tag 9) entstehende Wohlgeschmack entwickelt sich ohne Hefezusatz deutlicher, charakterstärker. Diese Brotreife wird bei Geschmackstests regelmäßig unterschlagen.

Erinnerungen an die Kindheit, Jugend lassen mich das Holzrahmenbrot bevorzugen, auch meine ich, dass der Geschmack durch die längere Backzeit noch einmal profitiert.

Rezept 80/20 Roggenmischbrot

Sauerteig

Roggenkochstück

  • 50g Champagnerroggenvollkornmehl
  • 150g Wasser

Zusammen klümpchenfrei aufkochen, ausquellen, abgedeckt auskühlen lassen

Hauptteig

Homogen vermischen, Teigtemperatur 20°C. Roggenlastige Teige werden nur gemischt, bis sie klümpchenfrei sind. Ein Auskneten ist nicht möglich.

RZ (Kesselgare) 60 Minuten, schonend aufarbeiten, anschließend ca. 60min im Gärkorb oder Holzrahmen reifen lassen. Wir teilen die Reifezeiten für eine offenere, wildere Porung.

Das freigeschobene Brot bietet mehr Kruste, deshalb auch mehr Röstaromen. Es ist die in Deutschland üblichere Form. Das Holzrahmenbrot verträgt etwas mehr Wasser im Teig für eine feuchtere Krume. Dabei ist es ein schmaler Grad zum Klitsch.

Dann bei 250°C anbacken und bei 200°C auf Kerntemperatur 98°C ausbacken, evtl. nach ca. 15 Minuten abdecken (Holzrahmenbrot).

Schellis Urteil

Das Mehl macht den Unterschied. Frisch vermahlener Champagnerroggen gibt dem Brot den letzten Schliff und mehr Komplexität. Es mutet feuchter an, die Krume duftet leicht nach Waldhonig. Allein dieses Brot mit Butter und Salz. Der zweite Punkt ist die lange Reifezeit sowohl von Sauerteig als auch des Hauptteiges. Dazu lässt man den Sauerteig recht fest (TA 173 bei einem hohen Vollkornanteil) und kühl (20°C) reifen und gibt auch dem Teigling die Ruhe bei 20°C. Auf diese Weise entsteht ein süchtig machendes Brot.

Unglaublich, wie gut diese Nahrung dem Körper tut: Man fühlt sich rundum wohl nach dem Genuss und bleibt lange satt durch die vielen Ballaststoffe.

Das fertig gebackene Brot reift- es schmeckt jeden Tag ein bisschen anders- und jeden Tag ein bisschen besser. Diese Reife wird bei gutem Fleisch oder Käse beschrieben. Auch gutem Roggen(misch)Brot wohnt sie inne. Merkwürdigerweise wurde es in der Testphase im Hotel am liebsten morgens beim Frühstück verzehrt. Vielleicht ahnend, dass es mit einer lang anhaltenden, wohligen Sätte belohnt.

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Dinkel-Zimtkugeln

Hefestück

  • 200 g UrDinkelmehl T630
  • 40 g Hefe
  • 40 g Wasser
  • Zusammenkneten, abgedeckt 45min stehen lassen

Hauptteig

  • 380 g Hefestück
  • 800g UrDinkel T630
  • 20 g Aquaposa, Psyllium Pflanzenfasern (alternativ 300g Kochstück TA500)
  • 130 g Butter
  • 100 g Zucker
  • 50 g Eigelb
  • 25 g Honig (Schelli: zu aufdringlich im Geschmack, Ersatz: Mascobado Vollrohrzucker)
  • 18 g Steinsalz (Schelli ist überzeugter Vertreter der Steinsalz-Fraktion)
  • 25 g Zitronenpaste (dazu eine ganze Zitrone 1:1 mit Zucker kuttern, vorher Kerne raus)
  • 25 g Orangenpaste (sh. Zitronenpaste)
  • = ca. 600 g Milch ca. 1600 g Gesamtteig

In die Form

  • Zimtzucker
  • Butterflocken

Alles ca. 15min langsam kneten (auskneten), Teigkonsistenz sollte eher weich, noch formbar (schleifbar) sein. (evtl. 10% Schüttflüssigkeit zurückhalten und später zugeben) TT25°C
30min Teigruhe, dehnen und falten, nach weiteren 30min aufarbeiten:
60g-Stücke abstechen (für den Brandenburger Bauern, der Städter nehme 45g) und zu Kugeln schleifen- wie Brötchen.

Alu-Tray, Einmal-Backformen oder tiefe, feuerfeste Pfanne vorbereiten:
mit Zimtzucker ausstreuen, mit Butterflocken auslegen, die Teigkugeln mit etwas
Abstand einlegen, Zimtzucker und Butter auf die Kugeln bringen
(Schelli: Butterimpfung mit Hilfe des Zeigefingers), ca. 45min gehen lassen, unter
Dampf bei 170°C hell ausbacken.

Schellis Urteil

Der briocheartige, feuchte, duftige Dinkelfeinteig wird quasi in die Zange genommen von den Zimt-Karamell-Butternoten unter und über ihm. Das Rezept eignet sich bestens für Stuten, Zöpfe, Blechkuchen, Rosinenbrötchen…und ist dermaßen stimmig/harmonisch in sich-das kann keine Sünde sein. Nix weglassen! (bis auf den Honig und bei Langzeitführung einen Teil der Hefe): in der gehobenen Küche zeichnet sich ein gutes Rezept (und die Kunst, es zu entwickeln) dadurch aus, dass man ohne Schaden anzurichten nichts mehr wegnehmen kann.

Das gilt für mich selbstverständlich auch in der Backstube! Drum prüfe, aus welchen Händen dein Rezept kommt. Die Backmittelhersteller wollen Backmittel verkaufen. Rezepte aus dieser Richtung sind oft unnötig lang. Das Aromatisieren mit Hilfe geschredderter, verzuckerter Zitronen und Orangen hab’ ich übrigens bei Bernd Siefert, Konditor-Weltmeister, gelernt. Geniale Methode & Universalwerkzeug. Die nicht benötigten Reste halten wochenlang im Zip- Beutel im Kühlschrank.